DER PASSE BATEAU NORD – STRÖMUNGSTAUCHGANG
Der Tag startete wieder windig und bewölkt. Nach dem Frühstück machte ich mich um 8.15 auf zum Tauchzentrum.
Auf dem Tauchboot wurde ich mit einem älteren Herrn Tauchguide Craig zugewiesen.
Diesmal waren sehr viele Taucher auf dem Boot unter anderem zwei, die riesige viereckige Kästen auf dem Rücken trugen und noch dazu jeder drei Sauerstoffflaschen. Ich fragte Craig, was denn diese Astronauten genau wären und er erklärte mir, das wären Rebreather.
Mist, Rebreather… da hatte ich vor drei Jahren schon mal ein Schweizer Ehepaar auf dem Boot, die blieben ewig unter Wasser und der Rest musste dann eine Stunde auf dem Boot auf sie warten.
Nein, das wäre diesmal nicht so, versicherte mir Craig, die Astronauten würden einen Tieftauchgang planen und man friere sehr schnell da unten. Aha. Tieftauchgang. Und was sieht man da so? Craig sagte, eventuell ein paar Großfische wie Haie. Das bezweifelte ich ein bisschen, wieso sollte tiefer die Sicht weiter sein…Auf meinen fragenden Blick hin meinte Craig, dass die vielleicht nur einen technischen Tauchgang machen wollten. Aha. Technischer Tauchgang. Nunja, jeder wie er mag.
Ich unterhielt mich auf der Fahrt ein wenig mit meinem Tauchpartner. Er ist Arzt und lebt seit drei Jahren auf Mayotte, arbeitet im Krankenhaus in der Hauptstadt. Und er liebt es hier. Er und seine Frau fahren nur drei Mal im Jahr nach Frankreich, das würde reichen. Das Tauchen hat er erst in Mayotte gelernt, davor hatte er eher Angst vor Wasser. Jetzt ist er ganz wild drauf und sie fahren jedes Wochenende hierher zum Tauchen. Seine Frau schnorchelt und den Nachmittag verbringen Sie dann am Strand. Er sagte auch, dass die Kriminalität in Mayotte so zugenommen hätte, man müsse schon aufpassen, dass man nicht beklaut wird. Aber im selben Atemzug erwähnte er, dass er gerade letztens in Paris beklaut wurde. Er riet davon ab, nachts mit dem Auto allein ins Inselinnere zu fahren. Nun, das hatte ich sowieso nicht wirklich vor.
Ich plauderte ein wenig mit Craig, der hier als Sportlehrer seit zwei Jahren arbeitet und mit seiner Freundin hierhergekommen ist. Er hilft immer wieder an der Tauchbasis aus.
WELLENGANG UND STÖMUNG
Dann gab ich es auf, mich zu unterhalten, je weiter raus wir fuhren, desto welliger wurde es und ich musste mich konzentrieren.
Wir erreichten unser Ziel, den Durchgang Passe Bateau nord am Außenriff. Die Astronauten fingen an, sich anzuziehen, das dauerte und dauerte… Es ist eine Wissenschaft für sich, fasziniert beobachtete ich die verschiedenen Messgeräte, Computer, Kabel und Beatmungsschläuche. Sie gingen ins Wasser.
Dann durften endlich wir von Bord hüpfen. Wir tauchten aufgrund der Strömung sofort ab. Unten angekommen war auch dort starke Strömung. Es war ziemlich trüb, viele Schwebestoffe, es war ja schon einige Tage stürmisch, so dass das Meer ziemlich aufgewühlt war. Wir sahen viele Fischschwärme, die sich in die Strömung stellten und gar nicht schwammen. Die einzigen, die bei dieser Strömung vorwärts schwimmen, sind wir Deppen. Es sieht ziemlich komisch aus, wenn man an den Fischen vorbeizieht, wie an einer Galerie, allerdings glaube ich, dass sie sich das auch von uns denken.
Die intakten Korallen faszinierten mich immer wieder. Dann sah ich die Astronauten und wunderte mich. So tief waren wir nun ja nicht! Craig erklärte mir später, dass die schon auf dem Rückweg aus der Tiefe waren und jetzt einige Dekostopps einlegen müssten. Wo da der Spaß ist, versteh ich immer weniger, die waren ja nur ganz kurz unten und mussten jetzt überall Dekostopps einlegen. Na, ich muss es ja nicht machen.
Wir mussten unseren geplanten Weg ändern und umdrehen, da uns plötzlich, als wir um eine Riffecke schwommen, sehr starke Strömung entgegenkam. Das wurde dann etwas unangenehm, da ja auch beim Umdrehen Strömung war. Meinem Tauchpartner ging die Luft aus, also bereiteten wir uns auf den Aufstieg vor. Der Sicherheitsstopp – drei Minuten auf fünf Metern – war bei diesen Verhältnissen nicht ganz einfach, gelang uns aber doch allen.
Oben angekommen war es wellig. Sehr wellig. Riesig wellig. Wir blieben in der Gruppe zusammen und hielten uns aneinander fest, um nicht auseinander zu treiben. Ich konnte mir ein „Isn’t it romantic“ nicht verkneifen, glaube aber, dass das der Doktor aufgrund der Wellen anders sah. Das Tauchboot hatte uns entdeckt, sammelte aber erst noch andere Taucher ein. Dann kam es auf uns zu und ich stellte fest, dass ich ja eins gar nicht bedacht hatte: Das Boot hatte ja auch ziemliche Probleme bei diesen Wellen, es sah schon ziemlich abenteuerlich aus, wie die Taucher da hochkletterten, ohne vom Boot erwischt zu werden. Deswegen mussten wir ja auch Flossen und Mundstück anbehalten, was das Raufklettern noch schwieriger machte.
Aber sollte uns eine Welle erwischen, dann würden wir schnell abtreiben. Ich wollte lieber nicht dran denken, was passiert, wenn uns das Boot erwischt.
Jetzt nahm es wieder Kurs auf uns und wir hieften den Arzt hoch. Craig zog mich weiter weg ins Meer und das Boot fuhr wieder weg. Etwas verwundert guckte ich ihn an, während mir wieder einige Filme durch den Kopf gingen, „Open Water“, „Der Sturm“…
Craig sagte, dass das Boot noch eine Runde fahren müsse, es könne nicht alle drei auf einmal aufnehmen, wegen der Strömung. Ok, dann also weiter treiben. Wir hielten uns aneinander fest und schaukelten dahin.
Ich sagte, da wir ja jetzt alleine auf dem weiten Meer wären, könne er mir ruhig alles von sich erzählen. Er musste lachen, insofern war ich mir ziemlich sicher, dass diese Situation nicht so ungewöhnlich ist in Mayotte. Und ich war ja eigentlich sehr froh, möglichst lange im Wasser auszuharren, auf dem Boot sind die Wellen viel schlimmer für mich.
Irgendwann half es aber nichts, das Boot kam und wir mussten aus dem Wasser. Mit einigen Anlaufschwierigkeiten gelang das dann auch. Oben mussten wir dann noch auf die Astronauten warten, die aber zehn Minuten später auch auftauchten. Dann fuhren wir los, Craig nannte diesen Tauchgang übrigens „sportlich“.
Ich wollte später am Tag noch Schnorcheln gehen, aber wenn es sehr wellig ist, ist auch der Meeresgrund sehr aufgewühlt und man sieht nicht mal die Hand vor Augen. Ich habe dann bald aufgegeben und mich zu meinem Sundowner auf die Terrasse begeben, ich schwankte immer noch ziemlich. Nicht wirklich angenehm.
Das Abendessen war wieder hervorragend, ich entschied mich für roten Thunfisch à la Tahiti als Vorspeise, danach ein Doraden-Filet mit gebratenen Süßkartoffeln und ein Erdbeermousse.
Morgen ist mein letzter Tag in N’Gougam, im Jardin Maoré, danach geht es für zwei Nächte nach Mamoudzou, in die Hauptstadt.
Tipps für einen Strömungstauchgang
- gute Tauchflossen, keine Schnorchelflossen nehmen
- Zintona für die Bootsfahrt, falls man leicht seekrank wird
- nah am Riff tauchen
- Rettungsboje mitnehmen, um oben in den Wellen gefunden zu werden